Teil 1: Warum ich mich für Aufklärung und bessere Versorgung für an ME/CFS, Long- und PostCovid erkrankte Menschen sowie deren An- und Zugehörige einsetze

Der Grund: ME/CFS. Ist. Ein. Monster.*

(*wie ich selbst immer ‘gern’ sage.)

Und: Ich bin selbst Angehörige von zwei schwer an PostCovid mit Subtyp ME/CFS erkrankten Menschen.


Zu Beginn gleich mal eine kurze Inhalts-Warnung vorab!
Ich habe mir bewusst vorgenommen, hier kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Der Text hier könnte dich also eventuell sehr betroffen machen. Das ist zumindest die übliche Reaktion, die ich im alltäglichen Leben erhalte, wenn ich auf die Frage, wie es “uns” geht wie immer ehrlich und offen antworte.

Für alle, die das Lesen zu viele Löffel kostet, habe ich den kompletten Artikel nun auch als Audio eingesprochen.

Ich freue mich sehr, euch so etwas entlasten zu können. An Qualität und Stil feile ich noch, für heute zählt nur, das eine Audioversion verfügbar ist. :) Lasst mich gerne wissen, an welcher Stelle ich noch feilen und es besser machen kann. :)


Nun denn, wenn du bereit bist, weiter zu lesen, dann let’s go:


Zwei meiner Allerliebsten, mein Mann, der seit 25 Jahren mein absoluter Herzensmensch ist, und meine älteste Tochter, die ebenso schon viele Jahre vor ihrer Geburt von ganzem Herzen gewünscht und nun gerade erst 11 Jahre alt ist, sind seit inzwischen schon 2 Jahren schwer an PostCovid mit Subtyp ME/CFS erkrankt.

Dass ich euch das so schreiben kann, muss ich tatsächlich als “Glücksfall” bezeichnen, so seltsam das in diesem Kontext nun vielleicht klingen mag. Denn eine klare Diagnose von Ärzt*innen in Deutschland zu erhalten ist gar nicht so einfach…

Dem voraus ging eine gefühlt unendliche, ein dreiviertel Jahr dauernde Odyssee an fehlgeschlagenen Versuchen, fachkompetente ärztliche Hilfe zu bekommen. Ein Marathon an überfüllten Wartelisten, Absagen, unerwiderten Anfragen per Telefon und Mail, Recherchen über und über, und - noch viel Schlimmer - unzähligen Begegnungen mit medizinischem Personal, das das Krankheitsbild nicht kennt. Denn anstatt zuzugeben, dass sie nicht weiter wissen, wird viel zu schnell und häufig dann einfach eben mal schnell eine F-Diagnose stellt.


Du weißt nicht, was eine F-Diagnose ist? Tja, ich hatte davon bis vor kurzem auch keine Ahnung.



F-Diagnose, ICD10-Code, ME/CFS - hä, bitte was?


Also, ganz von vorne:

ME/CFS steht für “Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom”. ME/CFS ist eine neuro-immunologische Erkrankung und als solche auch als rein körperliche Erkrankung von der WHO bereits seit 1969 offiziell anerkannt.

Die Erkrankung ist, obwohl sie seit den 1930ern bekannt ist, bislang von Forschung und Medizin nur sehr sträflich behandelt und eher links liegen gelassen worden. Sie wird nicht nur durch das Coronavirus (also korrekt gesagt: SarsCov2), sondern u.a. auch durch Grippe (Influenza), Eppstein Barr Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber), verschiedene Antibiotika (sog. Flourchinolone - Randnotiz: stehen auf der Rote Hand Liste, werden aber gerne trotzdem oft verordnet, wie ich inzwischen gelernt habe) und einigen Bakterienstämmen sowie Schädigungen an der Halswirbelsäule ausgelöst.

Aber wie gesagt, die Krankheit ist noch weitgehend unerforscht.

Was sie NICHT ist - und das muss ich gleich zu Anfang hier dazu schreiben, denn wie oft nickt dann jemand “wissend” in dem Glauben, das schon mal gehört zu haben - sie ist KEINE FATIUGUE, wie man sie bei einer Krebserkrankung z.B. kennt. Sie ist auch keine Müdigkeit!

Die Erkrankten sind in schwerstem Maße körperlich vollkommen erschöpft, so, wie du es dir jetzt vermutlich nicht oder nur in ganz keinem Maße vorstellen kannst.


Warst du schon mal so krank, dass du wirklich, wirklich wirklich nicht mehr in der Lage warst, ein Glas neben deinem Tisch zu heben? Kannst du dir vorstellen, den Rest deines Lebens in diesem Zustand zu verbringen, obwohl du erst 11 Jahre alt bist und noch so viele Pläne hast, die Welt zu entdecken und vor allem zu retten?


Ich muss dann immer an den Sommer 2022 denken. Da hatten wir uns einen extrem fiesen Magen-Darm Virus zugezogen und mein Mann und ich kamen tagelang nicht mehr aus dem Bett. Ich habe stundenlang nichts getrunken, obwohl es bitter nötig gewesen wäre, weil mein Arm schlicht weg zu schwach war, um ihn heben zu können.

Das war ein Tag! Für mich der absolute Horror, mir vorzustellen, dass mein Kind durch eine Verschlechterung ihrer Erkrankung dauerhaft in diesem Zustand leben müsste, und das sie es jetzt immer wieder tut, sobald sie über die durch die Erkrankung sehr eng gesteckten Grenzen ihres Energiehaushaltes geht. (Dazu dann mehr in Teil 2)


Na, so langsam bekommst du eine Idee davon, warum ich diese Krankheit als Monster bezeichne, gell? Dabei hast du erst einen Bruchteil kennen gelernt…


Auf dich warten noch das kaputte Immunsystem, Arbeits-und Schulbesuchsunfähigkeit, drohende soziale Isolation, Schmerzen, Schwindel, Kreislaufprobleme, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Entzündungen und Autoimmunreaktionen, die die Erkrankung im Verlauf eher schlimmer als besser machen, das schleichende Versagen von überanstrengten Organen und noch vieles mehr.

Sowie die Erkenntnis, dass das jetzt so bleiben wird, bis - denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt - ein, zwei oder drei Heilmittel gefunden wurden. In 3, 5, 7 10 oder noch mehr Jahren… oder wenn es blöd läuft…. nein, das wird es nicht. Hoffentlich…


Ja, ich sag ja, es hat schon seinen Grund warum ich da oben eine Triggerwarnung hin geschrieben habe…

Also weiter. Ready?


ME/CFS ist bisher KEIN Inhalt des Medizinstudiums. Also haben die meisten Mediziner*innen in der Regel noch nie etwas von der Krankheit gehört. Dumm nur, das sich seit der Pandemie durch die unfassbar hohe Zahl an Infektionen mit dem Coronavirus die Zahl der an ME/CFS Erkrankten in Deutschland mehr als verdoppelt hat. Ca. 1 Million Erwachsene und 100.000 Kinder** sind es aktuell.

** Die Zahlen werden aktuell vom RKI geschätzt. Zigtausende werden wohl zusätzlich erkrankt und hierbei nicht aufgegriffen sein, tragen fälschlicherweise eine F-Diagnose oder gar keine. Auch deshalb bleibt es eine Schätzung.


Besonders Frauen (#Frauenticket sagt dir was? Sehr schön.) bekommen diese F-Diagnose sehr oft. Aber was ist das denn nun?

Eine F-Diagnose ist eine psychologische Diagnose. Denn was ein Ärzty nicht kennt, packt es gerne mal in die “Ich kann nichts finden, dann kann es ja nur psychologisch sein”-Schublade…


Hast du jemals schon mal etwas genauer auf deine Krankmeldung von deinem Ärzty geschaut? Da stehen so Zahlencodes mit Buchstaben davor drauf. Das sind die ICD-Codes. Jede Erkrankung (nein, falsch, nicht jede…) hat einen eigenen ICD Code.

Der RICHTIGE ICD-10-Code für ME /CFS ist aktuell G93.3

Ich kann ihn auswendig. Die Hausärztin meines Mannes auch nach 2 Jahren bis heute nicht…. Genauso wie den, für “PostCovid-19-Zustand”: U09.9 Der angibt, wenn eine Erkrankung als Folge einer Covid Infektion zustande kam.

Jeder Code, der mit einem F beginnt, steht also für eine psychologische Diagnose.

ICD = “International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems”

Hier (*klick) findest du eine online Suchmaschine, in die du wahlweise eine Erkrankung oder die Codes auf deinen gelben Zetteln und Arztbriefen eingeben und suchen kannst.


Naaa, wer ist jetzt sehr gespannt, mal in seinen alten “gelben Zetteln” zu stöbern? ;)


Blöd nur, wenn es halt nun mal keine Depression ist, die die Belastungsintoleranz verursacht. Leider dokumentieren es eben immer noch viel zu viele Ärztys entsprechend, so dass die Erkrankten daraufhin in eine völlig falsche Richtung rutschen und deshalb auch Medikamente gegen Depression dann einfach nicht helfen wollen. (Das liegt dann natürlich an den Patient*innen - Achtung: Sarkasmus!)

Auch uns wäre das fast passiert, hätte ich mich nicht vorher direkt bei Ärztys, die in Deutschland seit Jahren federführend bei ME/CFS sind und denen, die aktuell zu ME/CFS forschen, eingehend informiert.

Ich kenne niemanden, wirklich niemanden in den Selbsthilfegruppen und Vereinen, in denen ich seit vielen Monaten nun unterwegs bin, der sich nicht schon mal gegen eine unangebrachte F- Diagnose wehren musste oder sie ungefragt aufgedrückt bekommen hat.


Und versteht mich bitte nicht falsch. Ich bin absolut niemand, der F-Diagnosen schlecht findet. Im Gegenteil. Die emotionale und mentale Gesundheit ist extrem wichtig für unser generelles Wohlergehen. Und ich bin die erste, die sich vertrauensvoll eine/n Therapeut*in suchen würde. Doch hier werden F-Diagnosen gestellt, die schlichtweg falsch sind und dann wie gesagt in eine ganz falsche Richtung führen, wenn sie einmal “im System” sind.

Die körperliche Erkrankung wird dann häufig gar nicht erkannt. Dementsprechend werden die Erkrankten dann auch nicht zumindest mit dem Mindestmaß an Optionen, das aktuell vorhanden ist, behandelt. Diesen Menschen geht es dann logischerweise immer schlechter. Bis irgendwann selbstverständlich auch die Psyche aufgrund der nur noch minimalen Lebensqualität wirklich massiv leidet… Fatal.


Jaja, bis hierhin war es vielleicht teilweise sogar noch etwas lustig, aber es gibt bei der Thematik Abgründe, die viel zu häufig auch Kinder betreffen, die ihr vielleicht doch lieber (jetzt) noch nicht wissen wollt. Glaubt mir, ihr liegt sonst nachts wach und könnt nicht mehr schlafen, weil ihr den Glauben an die Menschheit und die Welt verliert. Ich erspar euch das. Zumindest für heute. Der Rest ist schlimm genug.

Und an diejenigen, die das alles bereits kennen und die innerlich nun stetig genickt haben: Ich hab euch lieb! Ihr seid nicht allein und ich tue mein Allerbestes dafür, diesem unfassbaren Ausmaß an Unterversorgung entgegen zu wirken!


Bis hier hin glaube ich, war das schon recht anschaulich als Erklärung, weshalb mir an ME/CFS, PostCovid und Long Covid Erkrankte und ihre An- und Zugehörigen so sehr am Herzen liegen, und weshalb ich mich dazu entschieden habe, alles was in meiner Macht steht gegen die aktuell noch so miserable Versorgung zu tun. Und das ist vor allem das, was ich am besten kann: Coachen. :)

Mehr Infos dazu bekommst du hier (klick)


In Teil 2 erfährst du…:

Im nächsten Teil wird es vor allem um den Kern der Erkrankung, das sogenannte “Kardinalsymptom” oder auch “Leitsymptom” PEM = POST EXCERTIONAL MALAISE = Die starke körperliche Erschöpfung nach Belastung gehen.

Ich werde darüber schreiben, und wie wir persönlich gelernt haben, unser Leben daraufhin neu auszurichten, welche Strategien wir anwenden, um mit PACING als einzige und wirksamste Methode gegen PEM so gut es geht zu leben, welche Fallstricke es gibt und gab und was die wichtigsten Tipps sind, die ich dir mitgeben kann.

Die Inhalte in Teil 2 können dir übrigens auch als nicht erkrankte Person helfen, dein Leben besser an deinen Energiehaushalt anzupassen und weniger schnell in die Erschöpfung zu rutschen. Wenn auch in einer ganz anderen Dimension und Tragweite.

Wenn du immer als erste alle Neuigkeiten erhalten und informiert werden willst, sobald Teil 2 hier online geht, dann abonniere doch gern hier (*klick) meinen Newsletter.


Ich freu mich auf dich!

Von Herzen,

Daniela


P.S. Dieser Artikel darf hemmungslos überall wo er teilbar ist weitergetragen werden. ;) Je mehr Menschen die Erkankung kennen und verstehen lernen, desto besser.

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NEU! Ab Oktober: Coaching für ein besseres Leben mit ME/CFS, Long- und PostCovid

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